So gelingt die Destillation am thermodynamischen Optimum
Autor: Dominik Stephan
Die multiple Trennwandkolonne könnte Mehrstoffgemische in einem einzigen Apparat trennen und so Investitions- und Energiekosten senken. Doch bisher blieb das komplexe Verfahren ein Wunschtraum der Entwickler. Das könnte sich jetzt ändern: Die erste Anlage weltweit wurde in Betrieb genommen und soll dem thermodynamischen Optimum so nahe wie möglich kommen.
Schon Ötzis Zeitgenossen in der Jungsteinzeit waren, kaum dass sie das Feuer gezähmt hatten, fleißig am Kokeln: Pech und Teer, später ätherische Öle wurden schon früh mit einfachen Destillationsgefäßen aus Ton gewonnen. Die alten Araber kannten die Destillation des von ihnen Naft genannten Rohöls und entwickelten den Alembik genannten Destillierhelm, der die Destillation von Alkohol erlaubte. Ab dann ging es Schlag auf Schlag: Kaum ein mittelalterliches Alchemistenzimmer, in dem nicht ein Destillierkolben vor sich hin köchelte. Spätestens mit der Gewinnung der zahllosen Kohlenwasserstoffe wurde das Trennen durch Verdampfen zur Grundlage der Wertschöpfungsketten in Chemie, Pharma und Energiewirtschaft.
Die Destillation gehört zu den ältesten thermischen Trennverfahren der Menschheit. Heute bilden haushohe Kolonnen und Cracker den Kern großer Chemiestandorte und prägen das Bild der der Industrie. Und auch, wenn im Zuge der Defossilierung die Branche über alternative Rohstoffe oder die elektrische Beheizung der Apparate nachdenkt, an der prinzipiellen Notwendigkeit, Stoffe thermisch zu trennen ändert sich nichts.
Doch „thermisch“ bedeutet auch energieaufwändig: Etwa zehn Prozent der weltweit erzeugten Energie wird für Destillationsprozesse benötigt – daran ist nichts zu ändern. Oder doch? In Ulm sieht man das anders: Hier arbeitet ein Team von Forscherinnen und Forschern um Professor Thomas Grützner, vom Institut für Chemieingenieurwesen, an einer kleinen Revolution der Verfahrenstechnik: Einer multiplen Trennwandkolonne.
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